Warum um den Winter die besten Klettermonate sind

Sendingdays – die Purzeln gefühlt im Herbst und im Frühjahr am meisten. Egal ob bei den Profis oder aber die eigenen Projekte, irgendwie bieten sich die Monate Oktober, November, Februar, März an. Um den Winter sind die besten Klettermonate. Das ist natürlich meine ganz subjektive Meinung, aber scheinbar klappt es. Ich konnte dieses Jahr mit dem „Projekt Monatsachter“ fortfahren. Und ich konnte dieses Jahr die zwei schwersten Routen meiner Laufbahn klettern. Mit „Die Unvollendete“ 7b (8+/9- UIAA) war im Januar 2021 ein neuer Highpoint gesetzt. Bei Schnee und kaltem Wind, etwas Sonne und ca. 10 Grad war alles da – Grip, eiskalte Fingerspitzen, wehe Zehen und viel Motivation.

Aus dieser Route entstand dann der Anspruch zum Monatsachter einen Jahresneuner zu klettern, den ich für mich allerdings erst ab 9- gelten lasse (sonst wäre das ja schon erledigt gewesen). Jetzt Ende November war es dann auch mit dem Jahresneuner soweit. Mit „Der Wille zur Nacht“ 7b+ (9- UIAA) ist der Jahresneuner für 2021 abgehakt. Und wieder bei kalten Temperaturen, leichtem Wind, dickem Nebel, teils Regen und Schnee.

Aber warum eigentlich klappt das genau in diesen Monaten besonders gut? Warum sind gerade die Monate um den Winter rum so ergiebig? Und warum muss dazu das Wetter und das Klima mehr vom Klettern abschrecken?
Einfache Antwort? Alle anderen Male im Jahr bin ich zu schwach… Stimmt aber so nicht, denn auch in den warmen Monaten fallen die Achter inzwischen regelmäßig und gut. Also muss es an was anderem liegen.

Die Lösung? Ja die Lösung scheint in erster Linie der Grip bei entsprechenden klimatischen Bedingungen zu sein. Je kälter, desto besser hält die Haut auf kleinen Griffen und Reibungsflächen. Natürlich müssen auch die Schuhe auf den Mikroleisten und der Reibung halten, aber die werden schneller warm, als die Finger. Und das Material vom Schuh lässt sich schnell durch eine weichere Sohle ersetzen. Haut bleibt Haut…

Fazit zum Klima, kalt, aber nicht zu kalt und etwas Restfeuchte (verhilft komischerweise, auch wenn man das nicht glauben mag zu mehr Haftung). Warme Schuhe (damit der Gummi weicher wird) und aufgewärmte gut durchblutete Finger (ruhig richtig warmklettern, nach ein zwei Touren machen die Finger mit).

Bei mir persönlich spielt neben den klimatischen Bedingungen um die Wintermonate noch das Kalte-Warme-Finger-Phänomen eine Rolle. Beim Einklettern sterben einem die Finger quasi ab. Die sind dann so kalt, dass keinerlei Gefühl mehr da ist. Das ist schreckt viele KlettererInnen bei kalten Temperaturen ab überhaupt an den Fels zu gehen. Faszinierend ist jedoch an diesem Phänomen, dass die Wärme in die Finger zurückkommt. Spätestens nach der zweiten Route werden meine Finger wieder warm. Am Boden Handschuhe an zum Sichern oder in die Jackentasche der Daunenjacke stecken und sie bleiben Warm. Meine Finger werden auch nicht mehr kalt. Dieses Phänomen nennen wir jetzt einfach mal Kalte-Warme-Finger-Phänomen – und das gibt es nur in den kalten Monaten.

Wichtig ist hier anzumerken, dass je mehr kalten Fels ich in der Hand habe, desto mehr kühlt die ganze Hand aus. Große Sloper oder Henkel können natürlich zum auskühlen führen, wichtig dabei ist aber, dass die Fingerspitzen für die Leisten warm bleiben. Damit sorgen wir für viel Gefühl, trotz anfänglicher Taubheit. Kalte Finger werden auch dann wieder warm, wenn genug Blut in die Finger kommt –> Arme kreisen und Hände Schütteln.

Neben den Fingern und dem Klima spielt dann noch die mentale Verfassung eine wichtige Rolle. Hier bei uns in Oberbayern kann es passieren, dass wir die Sonne um den Winter für die besten Klettermonate auch mal zwei Wochen nicht sehen. Alles ist grau in grau, das schlägt aus Gemüt. Dazu die kalten Finger und klettern ist schnell doof. Aber, wer dann einen Erfolg verbuchen kann, egal ob Fortschritt im Projekt oder aber Durchstieg, der hat sich aufgerafft. Und wer sich aufrafft verbucht größere Erfolgserlebnisse, weil er gegen den Widerstand angekämpft hat statt nichts zu tun. Für den Kopf bedeutet das einen großen Erfolg und er schüttet entsprechende Botenstoffe aus. Die wiederum verstärken den Effekt und ich habe das Gefühl leistungsfähiger zu sein.

So geschehen in „Der Wille zur Nacht“ im November 2021. Erst kein Fortschritt, alles war kalt und starr und mit dem Warmklettern war alles nur anstrengend. Ich habe dann die leichten Stellen erneut im Toprope zwei drei mal hintereinander geklettert und pausiert. Beim Wiedereinsteigen waren die Finger warm und hatten urplötzlich viel mehr Grip. Die klimatischen Bedingungen hatten sich auch leicht verändert. Und urplötzlich konnte ich zwei Züge machen, die bis dato noch nie möglich waren und für die ich keine Lösung hatte. Dazu einen neuen Tritt und noch zwei Versuche und ich hatte eine Vorstellung wie ich die Tour klettern kann. Das Erfolgserlebnis des Fortschritts hat mich so ausgefüllt, dass ich gleich mehrfach hintereinander versucht habe die Stellen zu klettern. Ein Effekt der um den Winter für die besten Klettermonate sorgt

Wichtig war dann wieder eine Pause und nochmal rein, der ganze Körper war auf Erfolg aus, keine Sturzangst, fast schon entspanntes Wegstehen von Mikrotritten und urplötzlich ging mir die Tür auf – Schrecksekunde! Aufgrund der vielen positiven Energie hat der Körper allerdings plötzlich Raum gehabt auch intuitiv zu reagieren und einen Zug gemacht, der die Tür ausgehebelt und interessanterweise auch die nächsten beiden Züge deutlich vereinfacht hat. Damit stand dem Durchstieg nichts mehr im Weg. Und das Gefühl hält im Nachgang an manchmal für ein paar Stunden, manchmal für ein paar Wochen.

Fazit

Klimatische Bedingungen führen zu verändertem Grip am Fels, dazu kommen die Schuhe und deine Finger bzw. die Haut. Letztere bringt dich definitiv weiter, wenn sie warm ist. Und dann kommt der mentale Aspekt dazu, den du maßgeblich bestimmen kannst indem du deinen inneren Schweinehund überwindest und die „Mimimi-Fee“ am Fels eliminierst. All das kannst du (abgesehen vom Klima) steuern und damit bewusst dazu beitragen schwerer zu klettern und dann auch um den Winter die besten Klettermonate zu nutzen. Klar ist aber auch, dass die Kälte nicht jedem liegt und damit auch nicht jeder die gleiche Motivation schaffen kann. Daher fang langsam an, übertreib es nicht und versuch immer dafür zu sorgen, dass du den klimatischen Bedingungen auch gewachsen bist. Klamottenauswahl, Heißgetränk etc. können helfen.

Um den Winter die besten Klettermonate nutzen kannst du eben, wenn du dir all dieser Faktoren bewusst bist und sie zu deinem Vorteil nutzt. Und jetzt raus mit dir an den Fels, solang er irgendwo trocken ist. Viel Spaß und Erfolg und Freude.

Für mehr Infos für warme Finger schau mal hier rein: Was tun gegen kalte Hände beim Klettern.

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