Norwegen – ein Versuch

Wir wollten dieses Jahr nach Norwegen, ins Land der Freiheit, des Wildcampens, des Freistehens und -fischens und natürlich der Granitplattenkletterei und der Fjorde. Wollten wir, haben wir gemacht und sind auch angekommen. Ein Versuch mit Höhen und Tiefen, Nässe und Kälte, Sonne, Suche und Spaß.

Nach der Großvenedigerbesteigung Anfang August haben wir hier im beschaulichen Bichl gleich unsere Sachen gepackt, das Auto beladen, Dachzelt aufgesetzt und sind losgefahren. Erster Zwischenhalt: Dänemark für eine wunderbare Nacht an der Ostsee, ein Stellplatz, wie man ihn sich nur wünschen kann, direkt am Meer. Dank Magenverstimmung am nächsten Morgen für mich nicht ganz so schön, aber sonst wirklich brauchbar. Die zweite Etappe führte uns dann direkt nach Norwegen und unter Oslo durch wieder in den Süden nach Verdens Ende. Da kann man schon mal ankommen in Norwegen, denn so wunderschön hatten wir das nicht erwartet (auch wenn alles etwas flacher war). Zwei Tage haben wir hier verbracht und die Sonne genossen, die Wärme und das Einfach-Dasein.

Scheint sich wirklich zu lohnen dieses Norwegen von dem alle immer nur schwärmen und erzählen und es preisen. Wenns so bleibt, dann definitiv. Ziel war aber dann ja auch irgendwann mal irgendwo Klettern und Fischen und natürlich auch mal diese unglaublich großen, langen, tiefen Fjorde zu sehen die Norwegen ausmachen und mit Norwegen so verbunden sind. Also machten wir uns auf den Weg Richtung Stavanger, mitten durchs Land und die Berge, rein ins schlechte trübe graue Wetter und durch Landschaften, wie es sie in Island auch geben muss, immer einer Straße folgend und nach dem nächsten Freisteh-Platz Ausschau haltend. Nach ein paar Stunden im Auto ist uns dann eins klar geworden – das wird nicht so einfach wie alle sagen. Kein Feldweg der abzweigt, kein Schotterplatz der von der Straße runterführt und die sollte noch ein paar Stunden weiter durch die Hügel des Inlands führen. Wann finden wir einen Übernachtungsplatz, wo kommen wir überhaupt raus und wenn das so weiter regnet was denn dann? Wir haben dann gefunden was wir gesucht haben, einen Stellplatz – mit ein paar anderen – auf Kiesplatz mit See in der Nähe und der Straße neben dran. Für eine Nacht definitiv akzeptabel und was zu Essen gabs auch und am nächsten Morgen sogar ein paar schöne Momente mit Sonne.

Gleich ums Eck (drei Stunden Fahrt) stand der Preikestolen, den wollten wir uns zumindest mal anschauen, um ein wenig Tourismus zu betreiben. Ein wenig ist allerdings der falsche Begriff – so viel vorab, wir haben danach keinen Tourismus mehr betrieben.
Kurzfassung: Parkplatz 25,-€, unendlich viele Menschen die sich mit FlipFlop, Schühchen oder Vollausstattung auf den Berg quälen, kaum fähig sind den Weg zu finden geschweige denn sich nicht ernsthaft in Gefahr zu bringen, Hunde mitführen im unwegsamen Gelände, drängeln, Schlange stehen und dann alle zusammen auf dem Felsabbruch stehen. Wir sind einfach 300 Meter vorher links abgebogen und haben die Einsamkeit gesucht – nach sechs Minuten gefunden und uns gefreut, dass wir unsere Ruhe haben und eine wahrlich schöne Aussicht auf den Fjord genießen durften.

Nach dem Menschen-Massen-Schock wollten wir dann wirklich mehr Ruhe und haben beschlossen diese in Richtung Bergen zu suchen. Also wieder rein ins Auto und los gehts. Fahren bis abends, kochen, Essen, ins Bett, Frühstück und weiter. Der nächtliche Stellplatz an einem See, bei Regen und mit Straße neben dran hat für die eine Nacht gereicht.
In Bergen haben wir das schlechte Wetter – Bergen ist übrigens Regenhauptsadt Europas (Regen an 2 von 3 Tagen) – genutzt und sind ins örtliche Schwimmbad gegangen, haben ausführlich gebadet und geduscht, die Rutschen inspiziert und es uns gut gehen lassen. Die Nacht führte uns dann auf einen Stellplatz mit einigen Wohnmobilen und einem Preper-Mobil (Weltuntergangs-Mobil = MAN LKW mit Wohnkabine) und am nächsten Tag nochmal in die Stadt und zum Hafen. Bergen an sich ist ganz nett und wer am Hafen zwischen den Touristenboutiquen durchschlüpft kommt auf Holzwegen in eine Art ehemaliges Vikingerdörfchen mit vier „Straßen“, das schon seinen Charme hat. Allerdings haben wir bis dato die Einsamkeit nicht gefunden und auch das Wildcampen irgendwo im Nirgendwo ließ auf sich warten. Also wieder rein ins Auto und weiterfahren, diesmal Richtung Alesund.

Auch Alesund haben wir uns angeschaut, eine Stadt im Jugendstil, die so erbaut wurde nach einem verheerenden Brand. Konnte man sich fast nicht vorstellen bei soviel Wasser, das vom Himmel fiel, andererseits wenns mal brennt, dann brennts und da hilft der Regen oft nicht viel weiter. Auch hier haben wir verzweifelt auf dem Weg nach einer Bleibe gesucht, nach etwas Abgeschiedenheit und Natur und nichts gefunden außer einen Parkplatz weiter Richtung Landesinneres der an einer alten Straße lag, Blick auf den Fjord runter gabs, aber schön ist auch wieder was anderes. Für eine Nacht hats gereicht. Das nächste Ziel lag nur wenige Stunden entfernt – der Geirangerfjord. Den wollten wir dann doch noch sehen und wenn wir bereits in der Nähe waren, warum nicht den Abstecher machen?

Der Fjord an sich gab uns dann das erste Mal das Gefühl in Norwegen zu sein. Ein tief eingeschnittenes Tal mit tiefdunkelblau-schwarzem Wasser, steile Wände, Wasserfälle und – tausende Menschen, die von Kreuzfahrtschiffen den Berg hochgekarrt wurden um Bilder zu machen und anschließend in die schwimmenden Sardinenbüchsen zurückzukehren. Wir haben da ein kleines Seekajak bevorzugt und sind drei Stunden auf dem Fjord gepaddelt um uns die unglaubliche Größe aus er Ameisenperspektive anzusehen und zu genießen. Ein schönes Eck, der nächste Stellplatz den wir ausgesucht hatten lag jedoch zwei Stunden entfernt und da wollten wir unbedingt hin um dann auch ein wenig unsere Erwartungen zu erfüllen. Ein Tal mitten im Nirgendwo und kein Mensch da, endlich gefunden, das Glück, Natur, Einsamkeit, Wildnis, ein Wildbach nebenan, ein See mit Fischen zum Angeln, ein Stellplatz zwischen Bäumen, eine fast fertige Feuerstelle, alles was das Herz begehrt. Das Lagerfeuer abends haben dann zwar die Kühe in Beschlag genommen und wir sind unter unserem Tarp gesessen und haben das beobachtet, aber das war wohl der beste und schönste Platz überhaupt und dann – ja dann waren zwei Wochen Starkregen für genau dieses eine Tal gemeldet. Wir haben dann unser Zeug gepackt und sind am Folgetag durch einen Nationalpark (da ists auch schön, werden wir uns fürs nächste Mal merken) gefahren und haben bei Oslo eine Nacht verbracht um dann bis an die Nordsee zu fahren und auf einem Campingplatz die Sonne zu genießen und günstig Fisch zu essen… Norwegen – ein Versuch und vielelicht versuchen wir es nochmal, aber dann anders.